Das Fish Surfbrett (kurz Fish) gehört heute zu den beliebtesten Boardtypen weltweit. Doch wie wurde aus einem unkonventionellen Kneeboard-Design eine Surf-Ikone, die seit über 50 Jahren Line-ups dominiert? Die Geschichte des Fish ist geprägt von Not-Innovation, Eigensinn und einer Prise kalifornischer Surf-Kultur der späten 60er Jahre.
Das Wichtigste in Kürze:
- Das Fish-Design ist nicht für kleine Wellen, sondern für hohle Reef-Breaks.
- Die Innovation wurde aus einem kaputten Longboard erfunden, was geteilt wurde
- Der Name „Fish“ stammt von der Outline des Brettes sowie die Schwalbenform des Tails, die an einen Fisch erinnert.
- Ursprünglich wurde das Fish als Kneeboard des Erfinders gesurft, erst als er es einem Freund auslieh, probierte er es im Stehen.
Die Geburt des Fish: Steve Lis und ein kaputter Longboard (1967)
Die Geschichte beginnt 1967 in Point Loma, San Diego. Der 16-jährige Kneeboarder Steve Lis stand vor einem Problem: Seine Finnen schliffen ständig an den schmalen Rails seiner Pintail-Kneeboards. Die Lösung war radikal – er teilte das Tail eines zerbrochenen Longboards und schuf damit die charakteristische Schwalbenform, die dem Fish seinen Namen geben sollte.
Das Design war keine ästhetische Spielerei. Lis wollte die steilen, hohlen Reef-Breaks von South San Diego – Spots wie Big Rock und Newbreak – aggressiver surfen. Das geteilte Tail bot genau die Breite, die seine Finnen brauchten, ohne die Wendigkeit zu opfern. Allerdings
Der Name „Fish“ kommt übrigens direkt von der Form: Das Tail erinnert an eine Fischflosse. Diese Analogie geht aber noch weiter – auch die Fahrweise des Boards, mit ihren fließenden, geschmeidigen Turns, erinnert an die Bewegungen eines Fisches im Wasser.
Die Underground-Phase: Kneeboarder-Kult der 70er Jahre
In den frühen 70er Jahren blieb das Fish ein Insider-Tipp unter Kneeboardern. Die Surf-Szene war damals besessen davon, tiefer in der Barrel zu surfen, und Kneeboarding bot genau diese Möglichkeit. Das Fish mit seinem breiten Tail, flachen Rocker und Twin-Fin-Setup ermöglichte radikale Manöver in kritischen Wellensektionen.
Erst als der San Diego Local Jeff Ching das Board von Lis auslieh und damit im Stand surfte, begann sich das Potenzial zu zeigen. Das Fish funktionierte nicht nur auf Knien – es revolutionierte das Wellenreiten. Jeff war so von dem Brett begeistert, dass er es nicht mehr zurückgab – Steve musste sich ein neues shapen.
Die breite Form und das großzügige Volumen machten das Fish extrem schnell. Der flache Rocker sorgte für maximale Gleitfähigkeit, während das geteilte Tail den Wasserfluss optimierte und gleichzeitig präzise Kontrolle in Turns ermöglichte. Was als Kneeboard-Lösung begann, entwickelte sich zum vollwertigen Surfboard-Design.
Der Durchbruch des Fish-Designs: Mark Richards und vier Weltmeistertitel (1979-1982)
Der endgültige Durchbruch des Fish kam Ende der 70er Jahre – und zwar durch einen Australier. Mark Richards, genannt „MR“ oder wegen seines unorthodoxen Stils auch „Wounded Seagull“. Mark Richard nahm Lis‘ Konzept und entwickelte es weiter.
1978 debütierte Richards mit seinem eigenen Twin-Fin-Design auf der World Tour. Das Ergebnis war historisch: vier aufeinanderfolgende Weltmeistertitel von 1979 bis 1982. Richards bewies, dass das Fish nicht nur ein Spaßboard für kleine Wellen war, sondern konkurrenzfähiges High-Performance-Equipment.
Die Besonderheit: Richards shapte seine Boards selbst und war damit der erste Surfer, der auf selbstgebauten Brettern Weltmeister wurde. Sein Twin-Fin-Setup mit breiteren Rails und angepasstem Rocker setzte neue Standards. Das Fish war plötzlich nicht mehr Underground, sondern Mainstream.
Die Thruster-Ära: Zeitweises Verschwinden (80er/90er Jahre)
Ironischerweise führte der Erfolg des Fish zu seinem vorübergehenden Niedergang. Die Fish-Bretter wurden mit zwei Finnen gesurft, daher hatten sie auch den Spitznamen Twinnie. 1981 erfand Simon Anderson den Thruster – ein Drei-Finnen-Setup, das mehr Kontrolle und vielseitigere Performance bot. Die Surf-Industrie und Competition-Szene schwenkten komplett um.
Das Fish verschwand weitgehend aus den Line-Ups. Nur eingeschworene Puristen und Freethinker blieben dem Design treu. Diese Phase war wichtig: Das Fish wurde zum Symbol für alternatives, freies Surfen abseits des Wettkampf-Mainstreams.
Das Revival: 2000er bis heute
Ab den 2000er Jahren erlebte das Fish eine Renaissance. Surfer suchten nach Alternativen zum Performance-Shortboard und entdeckten die Freude am entspannteren, flow-orientierten Surfen wieder. Das Fish bot genau das: Speed, Wendigkeit und ein einzigartiges Fahrgefühl.
Moderne Shaper kombinierten das klassische Retro-Fish-Design mit zeitgenössischen Technologien. Epoxy-Konstruktionen machten die Boards leichter und reaktiver. Neue Fin-Setups – Quad-Konfigurationen neben dem klassischen Twin – erweiterten die Einsatzmöglichkeiten.
Surfer wie Rob Machado, Derek Hynd und Asher Pacey popularisierten das Fish erneut. Machado entwickelte sogar eigene Fish-Modelle für Firewire aus nachhaltigen Materialien.
Warum das Fish heute relevanter ist denn je
Die moderne Surf-Szene schätzt das Fish aus mehreren Gründen:
- Vielseitigkeit: Während das Original für hohle Reef-Breaks entwickelt wurde, funktioniert das Fish heute in nahezu allen Bedingungen. Was es zusätzlich zu einem perfekten „One-Quiver„-Travel-Board macht, wenn man minimalistisch nur mit einem Brett auf ein Surf-Trip geht.
- Paddelpower: Das großzügige Volumen und die breite Outline sorgen für hervorragende Paddeleigenschaften. Du erwischst mehr Wellen und hast dadurch mehr Wasserkontakt – der beste Weg, um besser zu werden.
Speed-Generator: Der flache Rocker und die effiziente Wasserführung des Tails machen das Fish extrem schnell. In kraftlosen Sektionen, wo andere Boards steckenbleiben, gleitet das Fish mühelos weiter. - Einzigartiges Fahrgefühl: Das Fish surft sich grundlegend anders als ein Thruster. Die Bewegungen sind fließender, organischer – eben wie ein Fisch. Diese spielerische Qualität bringt Abwechslung ins Surfen und macht einfach Spaß.
Fish ist nicht gleich Fish: Die wichtigsten Varianten
Das ursprüngliche Design hat diverse Evolutionen durchlaufen:
- Retro Fish: Die klassische Variante nach Steve Lis – kurz (5-6 Fuß), sehr breit, dick, flacher Rocker, Twin-Fin-Setup. Optimal für kleine bis mittelgroße Wellen.
- Modern Fish: Etwas längere Outline, modifizierter Rocker, oft mit Quad-Setup. Vielseitiger und für größere Wellen geeignet.
- Hybrid Fish / Mid-Length: Längen zwischen 6’6″ und 8’0″, kombiniert Fish-Eigenschaften mit mehr Volumen. Perfekt als Allrounder oder für kräftigere Surfer.
Worauf du beim Kauf achten solltest
Das Fish ist kein Anfängerboard. Du solltest sicher auf einem Softboard oder Funboard stehen, bevor du umsteigst. Ein zu früher Wechsel führt zu Frustration und stagnierenden Fortschritten.
Für die Größe gilt die Faustregel: 5-15 cm kürzer als deine Körpergröße, abhängig von Gewicht und Können. Surfer mit etwas Erfahrung nehmen lieber mehr Volumen, Fortgeschrittene können kürzer und dünner gehen.
Das Fin-Setup ist Geschmackssache. Twin-Fins sind loose und schnell, Quads bieten mehr Grip in kritischen Sektionen. Probiere beide Setups aus und entscheide, was dir mehr liegt.
Fazit: Ein Design für die Ewigkeit
Über 50 Jahre nach seiner Erfindung ist das Fish relevanter denn je. Steve Lis‘ pragmatische Lösung für ein Kneeboard-Problem entwickelte sich zu einem der einflussreichsten Surfboard-Designs der Geschichte des Surfens. Das Fish steht für Innovation, Individualität und die pure Freude am Wellenreiten – Werte, die das Surfen auch heute noch ausmachen.
Ob als Ergänzung zum Quiver oder als einziges Board: Das Fish bietet ein Surferlebnis, das kein anderes Board-Design replizieren kann. Es ist schnell, wendig, verspielt und funktioniert in den unterschiedlichsten Bedingungen. Genau deshalb wird es auch in Zukunft seine feste Fangemeinde haben – von tricky Reef-Breaks bis zu windigen Nordsee-Beachbreaks.