Wellenvorhersage lesen – darauf kommt es an!

Wellenvorhersage richtig lesen ist gar nicht so einfach, aber wichtig! Egal, ob du ein angehender Wave-Junkie bist, Forecasts schon regelmäßig checkst oder noch mitten im Kook-Status steckst – hier erfährst du, worauf es wirklich beim Lesen der Wellenvorhersage ankommt. So weißt du, wann es sich lohnt dein Brett mit an den Strand zu nehmen und wann du es lieber liegen lässt.

Das Wichtigste auf den Punkt gebracht:

  • Um gute Wellen vorherzusagen brauchst du im Wesentlichen Informationen von; der Höhe und Richtung der Dünung, die Wellenperiode und die Windrichtung sowie -geschwindigkeit am Surfspot selbst.
  • Es kommt nicht auf die Wellenvorhersage an! Lokale Gegebenheiten sind unerlässlich, wenn du wirklich wissen möchtest, ob du Surfen kannst.
  • Die Wellenenergie liefert eine bessere Einschätzung, wie kraftvoll die Wellen sind als nur Wellengröße und Periode und kann bei der Wahl deines Surfbretts helfen.

Wie funktioniert eine Wellenvorhersage?

Eine Wellenvorhersage (auch Surf-Report oder Surf-Forecast) ist eine Vorhersage von Surfbedingungen an einem bestimmten Ort. Für Vorhersage werden aktuelle Wetterdaten wie Windrichtung, Windstärke und Luftdruck erhoben. Aus den gemessenen Wetterdaten berechnet ein Wellenmodell die Prognose der Wellenvorhersage. Die Ergebnisse der Berechnung werden genutzt, um die Informationen zu zukünftigen Wellen- und Windbedingungen darzustellen.

Das Funktionsprinzip der Wellenvorhersage in drei Schritten

Eine Wellenvorhersage läuft folgendermaßen ab:

  1. Erhebung von Wetterdaten durch Wetterstationen, Satelliten und Bojen
  2. Verarbeitung der gesammelten Wetterdaten durch verschiedene Wellenmodelle
  3. Darstellung der berechneten Informationen zu Wellen und Wind

Welche Arten von Wellenvorhersagen gibt es?

Wellenvorhersagen werden nicht nur verschiedenen Formaten dargestellt, auch werden die Daten unterschiedlich erhoben. Die gängigsten Varianten sind:

  • Grafische Swell-Karten: Diese Karten zeigen die Richtung und Höhe der Dünungen in einer visuellen Darstellung. Sie sind besonders hilfreich, um großflächige Swell-Muster zu erkennen und abzuschätzen, welche Regionen mit guten Wellen rechnen können.
  • Tabellarische Vorhersagen: Diese Form ist bei den meisten Surf-Forecast-Websites zu finden. Hier werden Daten wie Wellenhöhe, Windrichtung, Windstärke und Gezeiten in Tabellenform aufbereitet, sodass man schnell die wichtigsten Infos auf einen Blick hat.
  • Algorithmus-basierte Surf-Bewertungen: Eine Gesamtbewertung für die Surfbedingungen am Surfspot – oft in einer Skala in Form von Punkten, Sternen oder Farben dargestellt.
  • Live Daten und Beach Webcams: Durch die integrieren Echtzeit-Daten von Surfspots anhand tatsächlichen vorherrschenden Bedingungen aus Webcams, wie die aktuellen Wellenhöhen und Windbedingungen direkt von der Quelle liefern. Webcams geben zusätzlich einen visuellen Eindruck, wie die Bedingungen tatsächlich vor Ort aussehen.

Jede dieser Vorhersageform hat ihre eigenen Stärken, weshalb es sinnvoll sein kann, mehrere Quellen zu vergleichen, um ein möglichst genaues Bild der Wellenbedingungen zu bekommen.

Die Schlüsselfaktoren einer Wellenvorhersage

Jede Wellenvorhersage basiert auf mehreren Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen. Hier sind die wichtigsten:

  • Wellenhöhe
  • Periode
  • Swellrichtung
  • Wellenenergie
  • Windstärke
  • Windrichtung
  • Gezeiten

Wellenhöhe – es kommt nicht nur auf die Höhe an

Die Wellenhöhe wird in Fuß (ft) oder Metern (m) angegeben und beschreibt, wie hoch eine Welle auf offener See ist – also bevor sie auf Land trifft oder an der Küste bricht. Diese Daten werden von Bojen erfasst, die auf dem Meer treiben und dabei vertikale Bewegungen registrieren. Der Unterschied zwischen dem höchsten Punkt einer Welle (Wellenkamm) und dem tiefsten Punkt (Wellental) ergibt die gemessene Wellenhöhe. In der Wellenvorhersage müsste man daher viel mehr von der Swellgröße und nicht von der Wellengröße sprechen.

Periode und Kilojoul – ein guter Indikator für Wellen mit Surf-Qualität?

Die Kraft der Wellen, die zum Surfen notwendig ist, kann in Periode oder Kilojoul (kJ) gemessen werden. Eine Periode (auch Swell-Periode oder Wellenperiode), wird als zeitlicher Abstand zwei aufeinanderfolgenden Wellen in Sekunden gemessen. Wohingegen die Wellenenergie in Kilojoul gemessen wird. Je größer die Swell-Periode, desto sauberer und kraftvoller sind die Wellen. Denn je stärker der Wind auf eine große Wasseroberfläche auf offener See bläst, desto mehr Zeit hat die Dünung sich kraftvoll zu entfalten – so können sie sich in Küstennähe größer auftürmen, bevor sie brechen. Unterscheide zwischen diese Swell-Perioden:

  • unter 8 Sekunden: Ungeordneter Windswell, der nicht weit von der Küste entsteht und kaum Zeit hat, sich aufzubauen. Brechen chaotisch und bieten dir kein tolles Surf-Erlebnis.
  • 8 bis 10 Sekunden: weniger organisierter Windswell, erzeugt kraftlose, wenig unorganisierte brechende Wellen. Daher meist schwierig zu surfen.
  • 11 bis 15: moderater Groundswell (Grunddünung) liefert genügend Energie im Set geordnete und kraftvollere Wellen zu liefern. Sind nicht perfekt, aber sind surfbar.
  • über 15 Sekunden: Grunddünung, der weit von der Küste entstanden ist und viel Zeit zum Aufbau der Wellen hatte. Daher sehr kraftvoll und ideal zum Surfen.

Allerdings eignet sich die Wellenperiode nicht immer, um die Kraft von Wellen einzuschätzen. Beispielsweise ist die Kraft einer 4-Fuß-Welle mit 12 Sekunden und eine 3-Fuß-Welle mit 16 Sekunden Periode ist schwer zu vergleichen.

In diesem Fall lässt sich die Stärke der Wellen nicht mehr allein über Höhe oder Periode einschätzen – hier ist die Wellenenergie, gemessen in Kilojoule (kJ), die aussagekräftigere Kennzahl. Laut surf-forecast.com sind mindestens 100 bis 300 kJ für eine Longboard-Session notwendig, während du dein Mid Length oder Shortboard bei über 300 kJ mit ins Wasser nehmen kannst. Ich selbst war aber auch schon bei 76 kJ mit einem Mini Malibu in Kantabrien, Spanien Surfen. Die Wellen waren trotzdem surfbar und es waren und in der Regel muss man weniger kraftvolle Wellen, mit weniger Leuten im Wasser teilen.

Die Wellenenergie und Periode sind Indikatoren für eine gute Wellen-Qualität, dennoch kommt es neben diesen Faktoren auch für die Swellhöhe und die Richtung sowie den vorherrschenden Wind am Surfspot an – ob, es wirklich gute Wellen gibt.

Illustration die Wellenperiode und Wellenhöhe erklärt.
Illustration, wie Wind Wellen entstehen lässt und wie Wellenhöhe und Wellenperiode gemessen werden.

Der Swell aus der richtigen Richtung

Die Richtung, aus der die Dünung kommt, nennt man Swellrichtung. Sie wird entweder in Himmelsrichtungen wie Nord (N), Nordwest (NW) oder als Winkel in Grad angegeben: 0° bzw. 360° steht für Norden, 90° für Osten, 180° für Süden und 270° für Westen. Wie gut eine Swellrichtung an einem Surfspot funktioniert, hängt stark von der Ausrichtung der Küste ab. Trifft die Dünung direkt bzw. frontal auf die Küste, kann die volle Wellenenergie am Surfspot ankommen. Wellen sind dann geordnet und kraftvoll und formen saubere, surfbare Wellen. Bei zu steilen bzw. schrägen Winkel auf den Spot wird die Energie abgeschwächt. Wellen brechen dann oft unsauber und chaotisch oder kommen gar nicht richtig an.

Mehr darüber, wie sich Swellrichtungen an deinem Spot verhalten, erfährst du in unserem Blogartikel zur Wellenrefraktion von Meereswellen.

Wind – Gamechanger für perfekte oder chaotische Wellen

Der Wind ist einer der entscheidenden Faktoren für die Qualität der Wellen – er kann sie perfektionieren oder komplett zerstören. Denn egal wie perfekt die Wellen auf dem offenen Meer erzeugt werden, wenn die Windbedingungen schlecht sind, wenn die Wellen die Surfzone erreichen, wie z.B. starker Seiten- oder auflandiger Wind, wird das Surfvergnügen stark beeinträchtigt. Aspekte wie die Windstärke (auch Windgeschwindigkeit) und die Windrichtung sind entscheidend.
Wichtig: Die Windrichtung beschreibt immer die Richtung, aus der der Wind kommt. Hier ist eine Übersicht über die wichtigsten Windarten und ihre Auswirkungen:

Windbezeichnung
Definition (Wind kommt von ...)
Einfluss auf Wellen und Surferlebnis
Weitere Hinweise
Offshore-Wind
... vom Land zum Meer
Glättet die Wellen, hält sie offen, baut sie schön auf. Saubere, “glassy” Wellen, lange Rides sind möglich. Zu stärker Offshore-Wind erschwert das Paddeln in die Wellen.
Meist morgens / früh aktiv durch nächtliche Abkühlung des Landes
Onshore-Wind
... vom Meer Richtung Land
Bricht Wellen früh, macht sie chaotisch und kabbelig. Je stärker der Wind, desto schwerer surfbar, die schlechten, “mushy”
Am häufigsten nachmittags bei zunehmender Thermik
Sideshore-Wind
seitwärts zur Küste (parallel)
Je nach Spot / Swellrichtung teils stabilisierend, teils störend. Neutral bis schwierig, abhängig vom Spot.
Kann bei Reefbreaks oder Points okay sein, bei Beachbreaks oft unruhig
Cross-Offshore-Wind
seitlich-ablandig (seitlich vom Land Richtung Meer)
Ähnlich Offshore, aber mit leichtem Seitenzug. Wellen bleiben offen, aber etwas schwieriger zu surfen.
Kommt häufiger bei Spots mit geknickter Küstenlinie vor
Wind von Land zu Lande
Seitlich-auflandig
Wellen werden unruhiger, aber oft noch surfbar. Mittelmäßig, etwas weniger chaotisch als purem Onshore, aber meist herausfordernd.
Wellen noch surfbar bei kräftigem Swell
Kein Wind
Windstill
Glatte Oberfläche, reine Swellform. Traumhafte, perfekte Bedingungen bei gutem Swell
Häufig in windstillen Morgen- oder Abendstunden

Bei Windgeschwindigkeiten unter 5 Knoten (ca. 6 mph) hat der Wind kaum Auswirkungen auf die Wasseroberfläche – du kannst ihn in der Vorhersage normalerweise ignorieren. Bei Sideshore-Wind sind etwa 11 Knoten notwendig, um einen spürbaren Effekt auf die Wellenstruktur zu haben, da diese Winde nicht mit voller Wucht frontal auf die Wellen treffen, sondern eher von der Seite – hier hängt viel vom jeweiligen Spot ab.

Gezeiten – warum Ebbe und Flut über eine gute Session entscheiden kann

Nicht jeder Spot läuft bei jeder Tide gleich gut. Die Gezeiten – Ebbe und Flut – haben Einfluss auf die Wellen, da sie den Wasserstand beeinflussen und so, wie Wellen an einem bestimmten Spot brechen. Die meisten Spots funktionieren nur in einem Tidefenster, bspw. bei auflaufender Flut oder Low-Tide. Die Swell-Höhe und die Gezeiten haben beide Einfluss auf die Wellen. Ein größerer Swell kann bei Flut zu kraftvolleren und größeren Wellen führen, sie brechen deutlichen weiter draußen als bei Flut und ermöglichen potenziell längere Rides. Ebbe und Flut unterliegen der Anziehungskraft des Monds und der Sonne, was eine ständige Bewegung des Meereswassers verursacht. In der Regel treten High-Tide und Low-Tide zweimal am Tag auf, wobei sich die Flut und die Ebbe am Folgetag um circa 50 Minuten nach hinten verschiebt.
Kurz gesagt: Die beste Surfzeit hängt nicht nur von der Dünung, sondern auch von der Tide ab. Wer beides kombiniert liest, hat klare Vorteile bei der Session-Planung.

Der Wohl wichtigste Faktor – lokale Kenntnisse des Surfspots

Die lokalen Gegebenheiten eines Spots sind die wichtigsten. Denn sie entscheiden darüber, ob die Wellenvorhersage eintrifft, wie sich prognostiziert wurde. Da globale Wellenmodelle nicht alle Gegebenheiten einzelner Surfspots berücksichtigen können, sind die lokal Kenntnisse deines Homespots unerlässlich. Um am Strand bei dem Anblick der Wellen nicht enttäuscht zu werden und deine lokalen Kenntnisse zu verbessern, achte auf folgende Punkte:

  • Tidefenster und Tidensensibilität: Beobachte, wie sich der Surfspot bei den Tides verhält. Wer das Tidefenster kennt, surft die besten Wellen.
  • Swellgröße und Swellrichtung: Einige Spots laufen nur bei einer entsprechenden Größe und Richtung der Wellen! Versuche zu erkennen, wie sich die Wellen bei unterschiedlichen Bedingungen verhalten und achte auf das Zusammenspiel zwischen den Gezeiten und der Größe des Swells.
  • Sandbänke, die sich stetig verändern: Gerade an Beachbreaks verändern sich die Sandbänke regelmäßig durch Swell, Gezeiten und Strömungen.
  • Swellfilterung: Nicht jeder Swell kommt tatsächlich am Spot an. Küstenlinien, vorgelagerte Inseln oder Unterwasserstrukturen lenken, blocken oder filtern Wellen. Wer sich mit Refraktion und Diffraktion von Meereswellen auskennt, kann besser einschätzen, wann und wo ein Swell funktioniert.
  • Lokale Windphänomene: Seebrisen, Thermik oder Talwinde werden oft nicht genau vorhergesagt. Was als Offshore angekündigt war, kann vor Ort plötzlich Sideshore oder Onshore sein. Dünen, Klippen oder Wälder können zusätzlichen Schutz vor Wind bieten.
  • Strömungen und andere Gefahren: Strömungen sind nicht immer schlecht – oft bringen sie dich schnell ins Line-up. Aber sie werden in Forecasts wie auch andere Gefahren durch Meeresbewohner oder Felsen in der Brandung selten erwähnt. Identifiziere Strömungen und unterhalte dich mit Lokals über weitere Gefahrenquellen. Legt die Ebbe Felsen oder Teile des Riffs frei, an dem du sich verletzten könntest?
  • Untergrundstrukturen: Sandbänke, Riffe beeinflussen, wie sich die Meereswellen auftürmen und formen. Wichtige Aspekte sind bspw. Wie solide ist die Sandbank, also wie hoch ist der Swell dem sie Standhält, bis es nur Close-out-Wellen gibt?

Wer einen Spot versteht, kann aus einem “okay” Forecast eine perfekte Session machen – oder weiß, wann sich der Weg zum Strand nicht lohnt. Lokales Wissen ist durch nichts zu ersetzen. Es lohnt sich meistens den Surfpost zu beobachten, bevor du mit deinem Brett ins Wasser springst.

Weitere Faktoren einer Wellenvorhersage

Weitere Faktoren eines Surforecast
Neben den oben genannten Faktoren gibt es weitere Angaben, die deine Session beeinflussen können:

  • Der Hauptswell: Auch Hauptdünung oder Primary Swell bezeichnet, ist in der Regel der kraftvollste und relevanteste.
  • Sekundäre Dünung: Auch Secondary Swell oder Sekundärswell kann die Bedingungen zusätzlich verändern – positiv oder negativ. Treffen Wellen aus verschiedenen Richtungen aufeinander, kann es zu chaotischerem oder komplexeren Wellenbildung kommen.
  • Windböen: Können stark von der Windgeschwindigkeit abweichen und kurzzeitig Einfluss auf dein Surferlebnis nehmen. z. B. die Wasseroberfläche kurzfristige aufrauen, Wellen schneller schließen lassen oder dich aus der Balance bringen.
  • Sonnenaufgang und Sonnenuntergang: Wichtig für Dawn-Petroler! Hilfreich, wenn du eine Session zum Sonnenaufgang und Sonnenuntergang planst.
  • Surf-Guides und Spot-Beschreibung: Zusätzliche Infos zum Spot können besonders nützlich sein und liefern Angaben zum Meeresuntergrund, unter welchen Bedingungen ein Spot gut läuft (u.a. Wellengröße, Swellrichtung und ideale Gezeitenlage), die Wellenart, Paddelintensivität (Strömung) und der Vibe im Wasser.
  • Luft- und Wassertemperatur: Nicht nur für die Neoprenwahl wichtig, sondern auch für Gutwetter-Surfer hilfreich.

Zusammenfassung

Wellenqualität entsteht im Zusammenspiel mehrerer Faktoren: Der Wind entscheidet, ob Wellen sauber und surfbar sind – Offshore-Wind glättet sie, Onshore-Wind macht sie chaotisch. Die Tide beeinflusst, wann ein Spot gut läuft. Ebenso wichtig sind die Größe und die Richtung des Swells – sie bestimmen, wie groß und kraftvoll die Wellen sind.

Doch keine Vorhersage ersetzt lokale Spotkenntnis: Sandbänke, Windschutz, Strömungen oder Swellfilterung durch Küstenlinien beeinflussen, ob die Prognose wirklich eintritt. Wer versteht, wie Wind, Swell, Tide und Spotbedingungen zusammenspielen, kann aus einem mittelmäßigen Forecast das Beste rausholen – oder weiß, wann sich der Weg zum Strand nicht lohnt.